Rezension – Unsterblich ist der Tod

Schon lange hat mich ein Buch nicht mehr so gefesselt wie „Unsterblich ist der Tod“ von Morten Lund. Dabei arbeitet Lund eigentlich als Journalist und Redakteur. Bücher schreibt er nur „nebenbei“. Die Hintergrundgeschichte über Krieg, Hitler und Nazideutschland ist eigentlich nicht der Stoff, den ich mir freiwillig als Lektüre aussuche. Daher ging ich sehr skeptisch ans Lesen und hoffte, es würde nicht zu politisch werden. Das Buch überraschte mich dermaßen, dass ich ab sofort großer Fan von Lund bin und demnächst weitere Krimis von ihm lesen möchte.

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Das Cover sagt prinzipiell nichts aus, was mit der Geschichte zu tun hat. Man kann sich vorab kein Bild von dem machen, was kommt. Der Klappentext umreißt die Story, wirft Fragen auf und macht Lust auf mehr.

Kommissar Blom, ein Mittvierziger in der Midlife Crises ermittelt gemeinsam mit seinem Team in Stockholm in einem Mordfall. Ein unbekannter Mann stirbt auf grausame Weise. Bis hierhin nicht besonders außergewöhnlich, aber seine Leiche liegt in einer Nervenheilanstalt, in der er weder gearbeitet hat noch Patient war. Ganz abstrus ist die Uniform, die er trägt. Sie ist eine gut gemachte Kopie derer, die zu Kriegszeiten Hermann Göring trug. Sein Körper wurde ausgestopft und ein Gedicht im Biene Maja Stil hinterlassen. Die Ermittlungen führen in die rechte Szene, die auch vor Schweden nicht Halt macht. Aber ist die Polizei wirklich auf der richtigen Spur? Kommissar Blom trifft auf Menschen, die merkwürdig, geheimnisvoll und verschroben sind, kommt aber keinen Schritt voran. Auch Mutmaßungen helfen nicht weiter. Er dreht sich im Kreis. Hat das alles wirklich mit dem 3. Reich zu tun oder rächt sich ein Aussteiger an ehemalige Kameraden? Auch eine zweite Leiche, in Goebbels-Uniform, gibt keinen Aufschluss.

Vom ersten Moment an schloß ich die Figur Blom ins Herz. Er repräsentiert einen Durchschnittsmenschen mit alltäglichen Problemen, mit denen viele von uns zu kämpfen haben. Die Ehe ist zur Gewohnheit geworden, die Jahre plätschern so dahin, ohne besondere Vorkommnisse. Die Routine holt uns ein und Wünsche bleiben auf der Strecke. Irgendwann fragt man sich, war das schon alles? Habe ich wirklich gelebt? An diesem Punkt ist Blom angekommen. Nur seine Arbeit erfüllt ihn noch. Der Autor beschreibt seine Figur so lebensnah, dass man sich schnell mit ihm identifizieren kann. Er stellt ihn nicht als Übermenschen dar, macht ihn verletztlich wie jeden von uns. Das macht Blom unglaublich sympatisch. Ich hatte das Gefühl, ihn wirklich zu kennen. Hitler, Weltkrieg und Holocaust bilden zwar die Grundlage der Story, werden aber hauptsächlich während der Ermittlungen thematisiert. Man hat nicht das Gefühl, dass man von Politik und Geschichte erdrückt wird. Mehr nebenbei erfährt der Leser interessante und zugleich schockierende Details über Gruppierungen, die NS-Verbrecher verehren, erhält Hintergrundinformationen zu Anschlägen auf schwedische Politiker und erfährt ein wenig über nordische Sagen und deren Einfluss auf Neonazis. Lund`s Schreibstil ist leicht, immer auf den Punkt gebracht, ohne überflüssige Ausschmückungen. Es liest sich in einem Rutsch weg und läuft wie ein guter Film durch den Kopf. Er findet einen guten Weg, historisches Geschehen mit einer spannenden Krimigeschichte zu verbinden. Sehr schön finde ich die tollen Dialoge, die er mit verschiedenen Kollegen führt. In ihnen steckt viel Humor und Natürlichkeit, trotz der dramatischen Ereignisse drum herum. Ein überaus gelungener Krimi, den ich jedem ans Herz legen kann.

Vielen Dank an den Herbig Verlag, der mir dieses kostenlose Exemplar zur Verfügung gestellt hat.